Zum Inhalt springen

Kapitel 17: Extras

Trauer oder Depression – wo sind die Unterschiede?

In weiten Bereichen ähneln sich Trauer und Depression, oft werden Trauernde in der Psychotherapie auch gegen Depressionen behandelt, die Behandlung von Depressionen bezahlt die Krankenkasse, die Behandlung von Trauer nicht.

Doch wo liegt der grundlegende Unterschied zwischen Trauer und Depressionen, wenn die Symptome doch so ähnlich und die Übergänge schwer zu erkennen sind?

Meiner Meinung nach gibt es einen großen Unterschied zwischen Trauer und Depressionen: Depressionen kommen von innen und Trauer von außen. Auch wenn das Innere durch einen Sterbefall völlig zerrüttet ist und man den Alltag oft für eine sehr lange Zeit nicht bewältigen kann, Lustlosigkeit, Antriebslosigkeit, Schlaflosigkeit und selbst zerstörende Gedanken tagtägliche Begleiter sind, ist es so, dass es eine Erinnerung daran gibt, wie anders alles einmal war. Man weiß, dass die Trauer durch ein Ereignis im Außen entstanden ist und nichts ist, was einen diffusen inneren Ursprung hat. Das macht es möglich, die Trauer irgendwann doch zu bewältigen und wieder zu einem gesunden, „normalen“ Leben zurück zu finden.

Selbstverständlich ist es auch bei Depressionen so, dass diese geheilt werden können, vor allem, je früher eine Therapie beginnt, dennoch glaube ich, dass das Wissen, dass die Erschütterung von außen kam, einen wesentlichen Unterschied ausmacht.

Back to black – müssen Witwen schwarz tragen?

Man kennt sie aus Bildern früherer Zeiten, die Witwen in schwarz. Doch wie ist das eigentlich – tragen Witwen schwarz? Sollten sie es tun? Was, wenn sie es nicht tun?

Obwohl viele Menschen glauben, schwarz wäre in unseren Breiten schon immer eine Trauerfarbe gewesen, zeigen historische Nachforschungen, dass es vor dem 19. Jahrhundert keine eindeutige Trauerfarbe gab und dass sich der Trauerkult rund um die schwarze Kleidung erst im 19. Jahrhundert gebildet hat. Fast 200 Jahre galt es also als Pflicht, schwarz zu tragen – vor allem bei Beerdigungen. Für die reichere Gesellschaft gab es strenge Trauermoden, die sich bis hin zur Handtasche zogen und mit denen an den Trauernden gut verdient werden könnte. Wenn man sich am Land umschaut, ist es auch heute noch so, dass es zum guten Ton gehört, sich bei einer Beerdigung oder Beisetzung völlig in schwarz zu kleiden. Allerdings sind die Vorschriften nicht mehr so eng und das ist gut so, denn nicht jeder Mensch fühlt sich in schwarz wohl.

Auf der anderen Seite ist es durch diese Tradition natürlich sehr einfach, nach außen zu zeigen, dass man in Trauer ist und es gibt auch viele Hinterbliebene, die sich durch die schwarze Kleidung geschützt fühlen.

Ich empfehle jedem und jeder Trauernden, sich Kleidung anzuziehen, in der man sich wohl fühlt und sich nicht irgendeinem Dogma zu unterwerfen. Für mich war es klar, dass die der Beisetzung meines Mannes keine Trauerfeier werden sollte, sondern ein Erinnerungsfest an einen wunderbaren Menschen und Musiker und ein Fest der Auferstehung. Deshalb hab ich mir ein bodenlanges, weißes Kleid gekauft und beschlossen, selbst die Grabrede zu halten. Ich weiß, das klingt ungewöhnlich, aber ich wollte meinen Lieblingsmenschen ein letztes Mal hoch leben lassen und ich bin mir gewiss, dass es ihm sehr gefallen hätte.


Ich will mich heute niemandem zumuten

Oft hab ich in der Trauerzeit Unverständnis erlebt, wenn ich auch nach 2 Jahren noch in dunkle Löcher gefallen bin und in Selbstmitleid badend meine Trauer auslebte. Man versuchte, mich herauszuholen, aufzumuntern, mich abzulenken – aber nichts davon gelang. Ich blieb in meinem dunklen Loch und die Menschen rundherum verschwanden und ich blieb alleine zurück und suhlte mich noch mehr in Selbstmitleid, aber auch in Schuldgefühlen. Ich will mich heute niemandem zumuten, war der Gedanke, den ich hatte, den ich aber auch sehr oft von anderen Trauernden hörte.

Gerade in diesen Zeiten ist es für mich unheimlich heilsam, wenn ich mich mit anderen Trauernden, zum Beispiel aus dem Young Widow_ers Dinner Club umgebe. Wenn gerade kein Treffen ansteht, versuche ich, mich zumindest mit einzelnen Personen aus der Gruppe zu unterhalten. Ich hab immer wieder festgestellt, dass alleine das ganz normale Reden mit Menschen, die dasselbe durchgemacht haben, dafür sorgen, dass ich sehr schnell aus meinem Loch wieder herauskrabble.